Weltfrauentag 2021:

Gedanken eines Quotenmannes. 

Das erste Mal, dass ich mich mit dem Thema Gleichberechtigung so richtig konfrontiert sah, war zu StudienzeitenDamals habe ich wohl mit mehr Prostituierten gesprochen als mein gesamter Freundeskreis bis heute zusammen. Hintergrund war meine Mitarbeit in der Teestube Sarah im tiefsten Hamburger St. Pauli. Eine bunt gemischte Gruppe, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, nachts mit Kakao– und Teekannen, Süßigkeiten und Kondomen bepackt durch die Straßen und Kontakthöfe zu ziehen, um den Frauen etwas Warmes und eine kleine Plaudereinheit anzubieten. Es ging nie um tiefsinnige Sozialarbeit, wir wollten einfach ein kleines Zeichen setzen. In der Gruppe tauschten wir uns über unsere nächtlichen Einsätze aus und diskutierten teilweise drastische ForderungenBei einigen dieser Gespräche wurde ich zunehmend stiller, beschlich mich doch das Gefühl, Vertreter eines recht miesen Geschlechts zu sein. 

In dieser Zeit begann ich immer klarere Positionen zu verschiedenen Themen einzunehmen: Ich bin absolut für Frauenquoten, für eine strikte Strafverfolgung von Eltern (meistens Männern), die sich vor ihren Unterhaltsverpflichtungen drücken, bin für verpflichtende Eheverträge und gegen jede Form von 450,- € Jobs und natürlich für gleiche Entlohnung. Und: Mich erschaudern Geschichten, bei denen Frauen zum WFT mit Blumen überrascht werden. Menschen, die glauben, dasdas eine tolle Idee sei, sollten in Eiswasser baden, um den Kopf frei zu bekommen. 

Nun arbeite ich mit 9 Frauen zusammen und gebe offen zu, das ist eine glückliche Fügung für mich. Aber hat der WFT und das dahinterstehende Thema irgendetwas mit den Frauen um mich herum zu tun? Ich denke ja. Durch die feminine Umgebung bin ich sensibler geworden und mein eigenes Geschlecht geht mir daher häufig gegen den StrichFriederike kann ein Lied davon singen, wie ich bei Bewerbern nur darauf warte, dass sie typisch männliche Fehler machen. Zugegeben, der Männeranteil bei Bewerbungsrunden ist, bedingt durch unser Themenfeld, recht geringUnd ja, jeder Mann bekommt seine Chance. Wirklich. Fest aber stehtWer als Mann bei mir im Job punkten will, muss neben fachlicher Qualifikation immer bereit sein, die Bewirtung eines Kundengespräches zu übernehmen, das von einer Kollegin geleitet wird. Und hier schwächeln viele Männern noch immer.  

In der Zusammenarbeit mit Frauen ist mir persönlich vor allem eins klar geworden: Das ist eine Welt, in der ich auch mehr ich selbst sein kannDa verschwimmen die Grenzen zwischen männlichen und weiblichen Schubladen und das ist eine geniale Lebenserfahrung. Dementsprechend würde ich aus bloßem Egoismus schon Frauen in die Gleichberechtigung drängen und anderen Männern zurufen wollen: Euch entgehen Lebensart und Kompetenzen. Aber das ist natürlich keine ArgumentationsgrundlageDazu verweise ich lieber auf das Grundgesetz und da steht drin, was für jeden selbstverständlich sein sollte: Gleichheit. Also wenn der Verstand und das Bedürfnis nach neuen Erfahrungen schon nicht ausreichendann halten wir uns doch einfach an § 3. 

Und dann haben wir da noch die Diskussion über das Gendern. Da tu ich mich aktuell noch schwerMir ist der Weg zu kleinlich und akademisch. Nebelbomben, die den Blick aufs notwendige Handeln versperren. Ich bin der Meinung, dass wir mit dem wohlüberlegten Kreuz bei der anstehenden Bundestagswahl einer Kassiererin im Baumarkt, die vom Marktleiter genötigt wird, mehr helfen können als mit wortakrobatischen Satzgefügen. Ausgenommen natürlich klar zuzuordnende Beschreibungen, die unsere Sprache hergibt. Und in diesem Fall bin ich dankbar dafür, dass wir eine Bundeskanzlerin haben.  

Eine Frage aber treibt mich von einem 8. März zum nächsten. Warum treten Frauen nicht kämpferischer für ihre persönliche Gleichberechtigung ein? Egal ob im Job oder Privatleben. Das Argument einer stets patriarchal geprägten Sozialisation kann da nicht für alle Zeit herhalten 

In diesem Sinne: Bleibt feministisch. 

Martin 

Weltfrauentag 2021: Gedanken eines Quotenmannes. 

Das erste Mal, dass ich mich mit dem Thema Gleichberechtigung so richtig konfrontiert sah, war zu StudienzeitenDamals habe ich wohl mit mehr Prostituierten gesprochen als mein gesamter Freundeskreis bis heute zusammen. Hintergrund war meine Mitarbeit in der Teestube Sarah im tiefsten Hamburger St. Pauli. Eine bunt gemischte Gruppe, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, nachts mit Kakao– und Teekannen, Süßigkeiten und Kondomen bepackt durch die Straßen und Kontakthöfe zu ziehen, um den Frauen etwas Warmes und eine kleine Plaudereinheit anzubieten. Es ging nie um tiefsinnige Sozialarbeit, wir wollten einfach ein kleines Zeichen setzen. In der Gruppe tauschten wir uns über unsere nächtlichen Einsätze aus und diskutierten teilweise drastische ForderungenBei einigen dieser Gespräche wurde ich zunehmend stiller, beschlich mich doch das Gefühl, Vertreter eines recht miesen Geschlechts zu sein. 

In dieser Zeit begann ich immer klarere Positionen zu verschiedenen Themen einzunehmen: Ich bin absolut für Frauenquoten, für eine strikte Strafverfolgung von Eltern (meistens Männern), die sich vor ihren Unterhaltsverpflichtungen drücken, bin für verpflichtende Eheverträge und gegen jede Form von 450,- € Jobs und natürlich für gleiche Entlohnung. Und: Mich erschaudern Geschichten, bei denen Frauen zum WFT mit Blumen überrascht werden. Menschen, die glauben, dasdas eine tolle Idee sei, sollten in Eiswasser baden, um den Kopf frei zu bekommen. 

Nun arbeite ich mit 9 Frauen zusammen und gebe offen zu, das ist eine glückliche Fügung für mich. Aber hat der WFT und das dahinterstehende Thema irgendetwas mit den Frauen um mich herum zu tun? Ich denke ja. Durch die feminine Umgebung bin ich sensibler geworden und mein eigenes Geschlecht geht mir daher häufig gegen den StrichFriederike kann ein Lied davon singen, wie ich bei Bewerbern nur darauf warte, dass sie typisch männliche Fehler machen. Zugegeben, der Männeranteil bei Bewerbungsrunden ist, bedingt durch unser Themenfeld, recht geringUnd ja, jeder Mann bekommt seine Chance. Wirklich. Fest aber stehtWer als Mann bei mir im Job punkten will, muss neben fachlicher Qualifikation immer bereit sein, die Bewirtung eines Kundengespräches zu übernehmen, das von einer Kollegin geleitet wird. Und hier schwächeln viele Männern noch immer.  

In der Zusammenarbeit mit Frauen ist mir persönlich vor allem eins klar geworden: Das ist eine Welt, in der ich auch mehr ich selbst sein kannDa verschwimmen die Grenzen zwischen männlichen und weiblichen Schubladen und das ist eine geniale Lebenserfahrung. Dementsprechend würde ich aus bloßem Egoismus schon Frauen in die Gleichberechtigung drängen und anderen Männern zurufen wollen: Euch entgehen Lebensart und Kompetenzen. Aber das ist natürlich keine ArgumentationsgrundlageDazu verweise ich lieber auf das Grundgesetz und da steht drin, was für jeden selbstverständlich sein sollte: Gleichheit. Also wenn der Verstand und das Bedürfnis nach neuen Erfahrungen schon nicht ausreichendann halten wir uns doch einfach an § 3. 

Und dann haben wir da noch die Diskussion über das Gendern. Da tu ich mich aktuell noch schwerMir ist der Weg zu kleinlich und akademisch. Nebelbomben, die den Blick aufs notwendige Handeln versperren. Ich bin der Meinung, dass wir mit dem wohlüberlegten Kreuz bei der anstehenden Bundestagswahl einer Kassiererin im Baumarkt, die vom Marktleiter genötigt wird, mehr helfen können als mit wortakrobatischen Satzgefügen. Ausgenommen natürlich klar zuzuordnende Beschreibungen, die unsere Sprache hergibt. Und in diesem Fall bin ich dankbar dafür, dass wir eine Bundeskanzlerin haben.  

Eine Frage aber treibt mich von einem 8. März zum nächsten. Warum treten Frauen nicht kämpferischer für ihre persönliche Gleichberechtigung ein? Egal ob im Job oder Privatleben. Das Argument einer stets patriarchal geprägten Sozialisation kann da nicht für alle Zeit herhalten 

In diesem Sinne: Bleibt feministisch. 

Martin