Am 28. Juni 2025 ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) in Deutschland in Kraft getreten und für zahlreiche digitale Angebote gilt nun eine Pflicht zur barrierefreien Website. Was bislang oft als freiwillige Maßnahme im Sinne einer besseren Nutzerfreundlichkeit gesehen wurde, wird damit zu einer verbindlichen gesetzlichen Anforderung. Für viele Unternehmen – insbesondere im Gesundheitswesen – bedeutet das auch jetzt noch häufig Unsicherheit. Fällt mein digitales Angebot unter das BFSG? Bin ich verpflichtet, meine gesamte Website zu relaunchen? Und wenn ja: worauf muss ich achten? Wir haben in diesem Magazinbeitrag die wichtigsten Informationen zur Pflicht und barrierefreien Maßnahmen zusammengetragen.
Welche Healthcare-Unternehmen sind zu barrierefreien Websites verpflichtet?
Das BFSG verpflichtet Anbieter digitaler Produkte und Dienstleistungen, ihre Websites und Anwendungen so zu gestalten, dass sie auch von Menschen mit Einschränkungen problemlos genutzt werden können. Dazu gehören etwa Online-Shops, Apps, Patientenportale oder digitale Terminbuchungssysteme. Maßstab sind dabei die internationalen Standards der WCAG 2.1 (Level AA) und die europäische Norm EN 301 549, die konkrete Anforderungen an Navigation, Kontraste, Bedienbarkeit oder Alternativtexte für Bilder definieren.
Für neue digitale Angebote greift die Pflicht bereits seit Juni 2025. Bestehende Websites und Apps haben eine Übergangsfrist – spätestens im Jahr 2030 muss jedoch auch hier die Barrierefreiheit gewährleistet sein. Dennoch empfiehlt es sich, zumindest schrittweise auf bessere Zugänglichkeit zu setzen – schon allein aus Gründen der Nutzerfreundlichkeit und Markenwahrnehmung.
Welche digitalen Produkte und Dienstleistungen fallen unter das BFSG?
Gerade im Gesundheitswesen ist die Frage besonders relevant, welche digitalen Angebote unter die neue Pflicht zur barrierefreien Website und Apps fallen und welche nicht. Grundsätzlich gilt: Sobald Patient:innen oder Endkund:innen digitale Services nutzen können, greift die gesetzliche Vorgabe des BFSG. Auch vorhandene Kontakt- und Formularfunktionen, die der Anbahnung oder Durchführung eines Vertrags oder Dienstes dienen, können unter das BFSG fallen.
Dazu zählen zum Beispiel:
- Arztpraxen mit Online-Terminbuchung
- Apotheken mit Webshops
- Kliniken mit Patientenportalen
- Anbieter von Telemedizin
- Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)
- Kontaktformulare auf Praxis-Websites
- Rezeptbestellformulare
- Chatfunktionen
In der Regel nicht betroffen sind dagegen:
- reine B2B-Angebote
- Intranets ohne Patientenzugang
- einfache, rein informative Webseiten ohne Online-Services
- private Websites
Wie können Healthcare-Unternehmen die Anforderungen umsetzen?
Der erste Schritt ist in jedem Fall ein Website-Audit: Mit einem Mix aus automatisierten Tools und manuellen Tests, etwa mit Screenreadern, lässt sich schnell erkennen, wo Handlungsbedarf besteht. Das Audit sollte folgende Punkte beinhalten, um anschließend konkrete Maßnahmen daraus ableiten zu können:
- Farben: ausreichend Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund
- Bilder und Grafiken: aussagekräftige Alternativ-Texte
- Tastatur-Bedienung: Schaltflächen und Links sind via Tastatur bedienbar
- Screenreader: Websiteinhalte sind für Screenreader auslesbar
- Sprache: Texte sind in verständlicher Sprache formuliert
- Formulare: Die Bedienbarkeit ist barrierefrei
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der gesetzlichen Regelung ist außerdem die sogenannte Barrierefreiheitserklärung. Jedes BFSG-betroffene Unternehmen muss künftig eine öffentlich zugängliche Erklärung abgeben, in der der aktuelle Stand der Barrierefreiheit dokumentiert wird. Darin enthalten sein muss auch die Möglichkeit für Nutzer:innen, Feedback zu geben, wenn bestimmte Inhalte oder Funktionen nicht barrierefrei erreichbar sind.
Ist das BFSG Pflicht oder Chance für die Healthcare-Branche?
Eine barrierefreie Website ist zweifellos eine regulatorische Herausforderung – gerade für Healthcare-Unternehmen, die häufig komplexe Informationen und Services online bereitstellen. Doch sie ist zugleich eine große Chance. Barrierefreie digitale Angebote sind nicht nur rechtssicher, sondern auch deutlich nutzerfreundlicher für alle Besucher:innen. Wer Accessibility fest in seine Entwicklungs- und Content-Prozesse integriert, profitiert von besserer Reichweite, höherer Patientenzufriedenheit und einem klaren Imagegewinn.
Barrierefreiheit ist am Ende mehr als eine gesetzliche Pflicht: Sie ist ein Statement für Inklusion und Patientenzentrierung.
Unterstützung gewünscht? Wir führen für deine Website gern ein detailliertes Seiten-Audit durch, zeigen bestehende Barrieren auf und beraten dich bei der BFSG-konformen Umsetzung.
